Grönland
Der Süden Grönlands ist ein Eldorado für Abenteurer, Kletterer, Trekking- und Naturbegeisterte, aber auch Landschaftsfotografen kommen hier voll auf ihre Kosten. Hier erwarten sie unglaubliche Panoramas mit Fjorden, Eis und Bergen, und mit ein wenig Glück auch Nordlichter. Dass diese Gegend bei Touristen noch weitestgehend unbekannt ist, macht Südgrönland endgültig zu einem einzigartigen Hotspot.
Trekking in der Wildnis von Grönland
Tasermiut Fjord oder das Patagonien des Nordens
Im Vergleich zu Patagonien, den Lofoten oder Island steckt der Tourismus in Grönland noch in den Kinderschuhen. Obwohl Kreuzfahrtschiffe vermehrt Grönland ansteuern, finden nur wenige Touristen den Weg in die südlichen Fjorde. Das dürfte sich in den nächsten Jahren angesichts der Vielzahl von Naturhighlights aber ändern.
Während mir vor allem Illusiat (Westgrönland) und Scorsbysund (Ostgrönland) ein Begriff waren, kannte ich den Süden kaum. Ich hatte einzig schon gehört und gelesen, dass er sehr grün sei und es schöne Berge geben soll. Dass Grönland eben «Greenland» heisst, hat nämlich mit den Einwanderern zu tun, welche die grösste Insel der Welt vom grünen Süden aus erkundeten. Zwischen den Fjorden wächst und spriesst es – dickes Packeis, wie man es in Grönland erwartet, sieht man im Sommer höchstens als fotogene Eisschollen, die mit der Strömung in die Fjorde getrieben werden. Südgrönland bietet perfekte Trekking-Bedingungen, sofern man nicht gerade von Mücken geplagt wird, sich durch meterhohe Büsche schlagen oder gegen die Wetterbedingungen kämpfen muss. Man trifft hier auf eine wunderschöne Fjord-, Berg- und Gletscherwelt, in der sich die Lust auf Abenteuer wunderbar stillen lässt.
Spätestens nachdem ich auf die atemberaubenden Fotos von Max Rive gestossen war, stand für mich fest, dass eine Grönlandreise nur noch eine Frage der Zeit sein würde. Im August 2017 war es dann soweit und ich schloss mich Max auf einer seiner Grönland-Touren an. In meiner letzten Reisereportage über Wildlife in Kenya erwähnte ich, dass eine Individual- gegenüber einer Gruppenreisen fast nur Vorteile bieten würde. In Grönland sieht es jedoch anders aus, denn Reisen ist weitestgehend nur mit Booten und Helikoptern möglich und somit auch sehr kostspielig. In solchen abgelegenen und schwer erreichbaren Gegenden mit begrenzter Reisezeit ist eine kleine Gruppe absolut empfehlenswert.
Zu Fuss oder per Boot
Ein Trekking in Grönland sollte gut organisiert sein. Wir haben auf unserem Trekking einzig ein Boot aus der Ferne gesehen – die Zivilisation und der nächste Einkaufsladen sind weit weg. Fortbewegen konnte man sich nur zu Fuss oder per Boot.
Im Tourismus-Center in Nanortalik lassen sich Bootstransfers organisieren oder man nimmt gleich selber ein Packraft mit, um einen Fjord (der auch gerne 70km sein lang) zu überqueren. Falls du an einem ähnlichen Packraft-Abenteuer interessiert bist, solltest du unbedingt die Blogs von Alex Nail und Willem Van Doorne lesen.
Max verbrachte – ebenfalls ausgestattet mit einem Packraft – mehrere Monate in dieser Region, um die schönsten und attraktivsten Spots zu entdecken. Danach erstellte er aus diesen Highlights eine attraktive und anspruchsvolle Trekkingtour mit einem guten Mix aus Fotografie, Wandern und Abenteuer. Wenn du eine Bootstour einem Trekking vorziehst und lieber in einer schaukelnden Kabine als im Zelt übernachtest, könnte dich auch die Tour von Daniel Kordan interessieren.
Nanortalik als Ausgangspunkt
In Grönland passt man sich den Launen der Natur und des Wetters an. Ähnlich wie in Island gibt es schnelle Wetterwechsel und die Bedingungen für ein Trekking können äusserst hart sein. Eine Portion Wetterglück braucht man bereits bei der Anreise – nicht selten werden Flüge aus Kopenhagen oder Island aufgrund schlechter Wetterbedingungen gestrichen. Deshalb kann es durchaus sinnvoll sein, einen Reservetag bei Anschlussflüge einzuplanen. Andererseits sind Air Greenland und DiskoLine gut auf spontane Reiseplanänderungen vorbereitet.
Das kleine Dorf Nanortalik ist ein guter Ausgangspunkt für Touren aller Art. Die Anreise erfolgt am schnellsten via Narsarsuaq (Direktflüge von/nach Kopenhagen) und von dort weiter mit Boot und/oder Helikopter (Diskoline). Meine Inlandreise kostete ungefähr gleich viel wie der Flug von Kopenhagen nach Narsarsuaq. Ein Helikopterflug von Narsarsuaq bis nach Qaqortoq ist durchaus empfehlenswert, denn das fotogene Dorf ist definitiv einen mehrstündigen Stopover wert. Die Reiseführer bezeichnen Qaqortoq zu Recht als eines der schönsten Dörfer Grönlands.
Mit einem kleineren Boot setzten wir die Reise ab Qaqortoq entlang von Fjorden und kleinen Inseln in Richtung Nanortalik fort.
Das Tourismuscenter in Nanortalik ist neben dem grossen Einkaufszentrum mit guter Auswahl (inkl. Bäckerei) einen Besuch wert. Falls man noch keine Wanderkarte hat, wird man hier fündig.
Eisbären
Immer wieder werden Eisbären auf Eisschollen in den Süden getrieben, wo sie nach mehreren Tagen stranden. Attacken auf Menschen sind äusserst selten – wir stehen glücklicherweise nicht auf dem Menuplan von Eisbären. Dennoch ist Vorsicht geboten, und so wurden auch wir auf unserem Trekking durch das Tal von Itillersuaq von Timo, einem Eisbären-Jäger aus Aappilattoq, begleitet: Safety first! Am letzten Tag unserer Tour wurde dann auch tatsächlich ein Eisbär in der Umgebung von Tasiusaq gesichtet, wodurch die Reisepläne von diversen Abenteurern über den Haufen geworfen wurden.
Beim Ulamertorsuaq am Tasermiut Fjord
Der 70 km lange Tasermiut Fjord ist per Schlauchboot von Nanortalik in rund einer Stunde erreichbar. Je weiter man in den Fjord hineinfährt, desto grösser und fotogener werden die Berge. Ein Highlight ist der 1858m hohe Ulamertorsuaq (Grönländisch für „Grosser Zylinder“). Ähnlich wie sein höherer Nachbar Ketil zeichnet sich der Ulamertorsuaq durch seine bis zu 1000 m hohen Granitwände aus. Besonders die Westwand hat bei Kletterern den Ruf, eine der herausforderndsten Big Walls der Erde zu sein, vergleichbar mit dem El Capitan im Yosemite NP oder dem Cerro Torre in Patagonien. Am Fusse des Ulamertorsuaq, direkt am Fjord und neben einem Fluss mit bestem grönländischen Trinkwasser, lässt es sich wunderbar zelten. Besonders im Abendlicht, wenn sich die Felswände rot färben, sollte die Kamera in Griffnähe sein. Ein paar Wolken hätten wir uns hier aber durchaus gewünscht…
Vom Sonnenaufgang haben wir am darauffolgenden Morgen aufgrund der tiefen Nebeldecke leider nichts mitbekommen. Dank Max’s Drohne konnten wir aber schnell herausfinden, wie dick diese war. So stiegen wir 500 Höhenmeter den Berg hoch und wurden mit einem wunderschönen Nebelmeer belohnt, welches sich kurz darauf aufzulösen begann. Läuft man um die Gesteinsbrocken herum, erhält man einen freien Blick auf die eindrückliche Felswand. Auch hier wären allerdings ein paar Wolken willkommen gewesen!
Um die Abendstimmung einzufangen, stiegen wir am späten Nachmittag auf der Westseite ca. 400 Höhenmeter den Hügel hinauf. Einen passenden Vordergrund zu finden, war hier allerdings deutlich schwieriger, und auch die Perspektiven auf die Felswände sind etwas weniger spektakulär.
Am Ende des Tasermiut fjord
Am Ende des Fjords liegt der Gletscher Sermeq, der vor ein paar Jahrzehnten noch bis zum Fjord reichte. Heute muss man aber eine Weile laufen, bis man das Eis erreicht. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie der Gletscher in 20 Jahren aussehen wird! Besonders fotogen sind die beiden Felsen, die aus dem Gletscher ragen und wie Hörner aussehen.
Der wolkenlose Himmel sorgte auch an diesem Abend für einen eher unspektakulären Sonnenuntergang. Die Wanderung zum Aussichtspunkt wurde durch das hohe Gebüsch und viel Geröll erschwert, doch die wunderschöne Aussicht auf den Fjord war trotzdem ein Erlebnis und die Mühen des anstrengenden Aufstiegs allemal wert!
Trekking durch das Itillersuaq Valley
Am darauffolgenden Tag wurden wir frühmorgens von J.J. Simonsen abgeholt und fuhren zurück nach Tasiusaq, einem kleinen Dorf am Tasermiut Fjord.
Vor uns lag eine rund 20 km lange Wanderung auf dem «sheep trail» durch das wunderschöne Tal Itillersuaq, entlang des Flusses und begleitet von vielen Mücken. Kaum waren wir mit unseren vollgepackten Rucksäcken losmarschiert, verzog sich der Nebel allmählich und vor uns präsentierte sich eine atemberaubende Bergkulisse.
In der Mitte des Tals stellten wir unsere Zelte auf, umgeben von einem Sumpfgebiet mit diversen kleinen Seen. Der Wind zog durch das Tal und es kühlte in der Nacht stark ab. Am frühen Morgen steckten wir wieder in einer dicken Nebelschicht, die sich aber glücklicherweise auch an diesem Tag wieder schnell verzog.
Bis zum nächsten Fjord mussten einige Bäche und kleinere Flüsse überquert werden. Die rund 8 km lange Wanderung war – wie schon am Tag zuvor – ein einziger landschaftlicher Genuss.
Am Ende des Tals, beim Stordalens Havn, trieben deutlich mehr Eisschollen als im Tasermiut. Ein Captain aus dem nahgelegenen kleinen Dorf Aappilattoq brachte uns auf die andere Seite des Fjords. Dort stiegen wir 500 Höhenmeter hinauf zu einem wunderschön gelegenen Platz, wo wir unsere Zelte aufstellten.
Zum Sonnenuntergang wollten wir unbedingt zum Aussichtspunkt, wo Max eines seiner beliebtesten Foto gemacht hat. So stiegen wir – trotz müden und schweren Beinen – weitere 200 Höhenmeter über Stein und Geröll den Berg hinauf und erreichten schliesslich zur besten Zeit den Aussichtspunkt. Die aus dem Fjord steil aufragenden Berge rund um den Alleruusakasit bildeten das perfekte Panorama und waren nebst dem Ulamertorsuaq eines der grössten Highlights dieser Tour.
Nach diesem wunderschönen Tag gab es einen Wetterumschwung und so verbrachten wir den nächsten Tag fast ausschliesslich im Zelt. Der Schlafrückstand wurde aufgeholt und trotz Regen machten wir uns auf die Suche nach dem einen oder anderen guten Fotospot.
Zurück in die Zivilisation
Auch der darauffolgende Tag war grau und nass, trotzdem mussten wir die Zelte packen und wieder 500m zum Fjord absteigen. Dort wurden wir von Timo, unserem Eisbären-Jäger, mit dem Boot abgeholt. Wir fuhren nach Aappilattoq und konnten uns im kleinen Einkaufsladen mit allem Wichtigen eindecken. Der Shop hat nur wenige Stunden und auch nur ein paar Tage in der Woche geöffnet – ein Besuch sollte deshalb gut geplant werden!
Die Eisberge vor Aappilattoq
Mit dem Boot fuhren wir an zahlreichen Eisbergen vorbei. Während die grossen Brocken vom Packeis stammen, kommen die spitzen Schollen von den Gletschern. Jedes Exemplar ist ein Unikat und hätte eigentlich ein eigenes Fotoshooting verdient.
Unser Zeltplatz am Kangikitsoq (Tupaussat valley)
Am Ende des Fjords Kangikitsoq stellten wir – direkt am Wasser – unsere Zelte auf. Die tiefhängenden und schnell vorbeiziehenden Wolken sorgten für eine dramatische Stimmung – sozusagen perfektes Fotografenwetter!
Nach viel Sonnenschein, wolkenlosem Himmel und zwei Regentagen hatten wir nun also auch noch die langersehnte Dramatik.
Zurück nach Nanortalik
Am darauffolgenden Morgen fuhren wir mit dem Boot ca. 3-4 Stunden zurück nach Nanortalik. Glücklicherweise war die offene See grösstenteils ruhig und so kamen wir mit gesunder Gesichtsfarbe in Nanortalik an. Im schön gelegenen und eingerichteten Haus, welches das Tourismus Center an Backpacker vermietet, machten wir es uns gemütlich und liessen die fantastische Tour nochmals Revue passieren.
Was kommt mit?
Bei einem Trekking zählt jedes Gramm, deshalb sollte nur das absolut Wichtigste eingepackt werden. Ich hatte diesen Ratschlag leider ignoriert!
- So nahm ich die D810 mit dem 14-24mm, 20mm und das neue 70-200mm f2.8 mit. Das Telezoom habe ich für diese Reise freundlicherweise von Nikon zur Verfügung gestellt bekommen. Für alle Objektive hatte ich CircPol-Filter dabei (für das 14-24mm den Filter von Wonderpana).
- Als Stativ kam mein leichtes Gitzo GT2542T mit dem Kugelkopf BH-55 von Really Right Stuff mit. Ins Gepäck gehören genügend Akkus und auch ein Fernauslöser ist hilfreich.
- Das 70-200mm kam – auch wetterbedingt – nur selten zum Einsatz. Das über 1 kg schwere Objektiv ist eigentlich nicht geeignet für ein Trekking, die Qualität der Fotos spricht aber für sich. Eine leichtere Alternative wäre das 28-300mm oder das 70-200mm f4.
- Das 20mm ist bekannt für seine wunderschönen Sterne. Ich habe das 20mm nur ein einziges Mal benutzt und würde es aus nachvollziehbaren Gründen nicht wieder einpacken. Ebenfalls nützlich sind ein paar Reinigungstücher für Kamera und Linsen.
- Glücklicherweise kann man in Grönland das Wasser frisch aus den Flüssen trinken (aber bitte nicht aus Gletscherflüssen). Besser und frischer ist es nirgends! Katadyn-Filter oder sonstige Trinkwasser-Tabletten braucht es in Grönland nicht und so müssen glücklicherweise keine grossen Wasserflaschen getragen werden – was man natürlich mit einem weiteren Objektiv kompensieren könnte…
- Mit einem stabilen Zelt (idealerweise 4-season) ist man auch für stürmisches Wetter gerüstet. Bei den Kleidern sollte man – wie bei einem Trekking üblich – auf das Zwiebelprinzip setzen.
FUTURE MEMORIES BY MAX RIVE
Die Hightlights der Grönland-Touren hat Max in einem Video festgehalten.